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Die Vielfalt der menschlichen Gefühle: Eine ausführliche Beschreibung



Gefühle sind ein fundamentaler Bestandteil des menschlichen Daseins und formen unsere Erfahrungen, Gedanken und Handlungen auf vielfältige Weise. Die Welt der Gefühle ist komplex und facettenreich, und obwohl es keine einheitliche, universelle Liste oder Kategorisierung gibt, haben Wissenschaftler und Psychologen verschiedene Modelle entwickelt, um diese Emotionen zu verstehen und einzuordnen. Im Folgenden gebe ich eine ausführliche Beschreibung der verschiedenen Arten von Gefühlen, wie sie eingeteilt werden können, und welche Theorien dabei helfen, ihre Vielfalt zu erfassen.


1. Grundemotionen

Grundemotionen sind die Basis unserer emotionalen Erfahrungen. Sie werden als universell angesehen und sind in allen Kulturen und bei allen Menschen vorhanden. Die bekanntesten Modelle, die Grundemotionen definieren, stammen von Paul Ekman und Robert Plutchik.


Paul Ekmans Grundemotionen

Paul Ekman, ein Pionier in der Emotionsforschung, identifizierte sechs Grundemotionen, die durch Gesichtsausdrücke universell erkannt werden können:


  • Freude: Ein positives Gefühl, das sich in einem Lächeln und einem Gefühl des Wohlbefindens äußert.


  • Traurigkeit: Ein negatives Gefühl, oft begleitet von Tränen und einem Rückzug von sozialen Interaktionen.


  • Angst: Ein Gefühl der Bedrohung oder Gefahr, das den Körper in Alarmbereitschaft versetzt.


  • Wut: Ein starkes Gefühl von Ärger oder Frustration, oft ausgedrückt durch eine Erhöhung der Stimme oder körperliche Anspannung.


  • Ekel: Eine Abneigung gegenüber etwas, das als unangenehm oder abstoßend empfunden wird.


  • Überraschung: Ein Gefühl der unerwarteten Erkenntnis oder des Schocks, oft mit einem kurzen Anheben der Augenbrauen verbunden.


Später erweiterte Ekman seine Liste um weitere Emotionen wie:


  • Verachtung: Eine Mischung aus Ekel und Überlegenheit gegenüber einer Person oder Handlung.


  • Scham: Ein Gefühl der Verlegenheit und des Wertverlusts, das auf einem empfundenen Fehlverhalten basiert.


  • Schuld: Ein Gefühl der Reue oder des Bedauerns über eine begangene Tat, die als falsch wahrgenommen wird.


  • Stolz: Ein positives Gefühl über eigene Leistungen oder Errungenschaften.


  • Erleichterung: Ein Gefühl der Befreiung von Sorge oder Stress.


  • Zufriedenheit: Ein Gefühl der inneren Ruhe und des Wohlbefindens nach dem Erreichen eines Ziels.


Plutchiks Rad der Emotionen

Robert Plutchik entwickelte ein „Rad der Emotionen“, das acht primäre Emotionen umfasst. Diese Emotionen stehen sich in Paaren gegenüber und können in Intensität variieren:


  • Freude vs. Traurigkeit


  • Vertrauen vs. Ekel


  • Angst vs. Wut


  • Überraschung vs. Erwartung


Diese Emotionen können miteinander kombiniert werden, um komplexere Gefühle zu erzeugen. Zum Beispiel könnte Liebe als eine Mischung aus Freude und Vertrauen verstanden werden.


2. Sekundäre und tertiäre Emotionen

Über die Grundemotionen hinaus gibt es zahlreiche sekundäre und tertiäre Emotionen. Diese entstehen oft durch Kombinationen oder Nuancen der Grundemotionen und sind in ihrer Ausprägung und ihrem Kontext spezifischer.


Sekundäre Emotionen

Sekundäre Emotionen sind Gefühle, die aus der Kombination von zwei oder mehr Grundemotionen entstehen. Sie sind oft komplexer und können eine Vielzahl von Facetten haben:


  • Schuld: Eine Kombination aus Traurigkeit und Angst oder Wut, oft im Zusammenhang mit dem Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.


  • Eifersucht: Eine Mischung aus Angst (Verlustangst) und Wut (Groll gegenüber einer dritten Person).


  • Neid: Ein Gefühl, das aus Traurigkeit und Wut entsteht, wenn jemand etwas besitzt, was man selbst gerne hätte.


Tertiäre Emotionen

Tertiäre Emotionen sind noch spezifischere oder feinere Nuancen von sekundären Emotionen. Sie können durch spezifische Erfahrungen oder kulturelle Einflüsse geformt sein:


  • Reue: Eine spezielle Form von Schuld, die sich auf eine bestimmte Handlung bezieht, die man rückgängig machen möchte.


  • Nostalgie: Eine bittersüße Emotion, die sich aus Freude und Traurigkeit zusammensetzt, oft verbunden mit der Erinnerung an vergangene Zeiten.


  • Rührung: Ein Gefühl, das durch Mitgefühl und Freude ausgelöst wird, häufig bei bewegenden oder herzerwärmenden Erlebnissen.


3. Dimensionale Modelle der Emotionen

Emotionen können auch anhand von Dimensionen kategorisiert werden, insbesondere durch zwei Hauptdimensionen:


  • Valenz: Die Bewertung, ob ein Gefühl positiv oder negativ ist.


  • Arousal (Erregung): Die Intensität des Gefühls, ob es aktivierend oder beruhigend ist.


In diesem zweidimensionalen Raum können Emotionen folgendermaßen kategorisiert werden:


  • Positive Valenz, hohes Arousal: Begeisterung, Freude, Liebe


  • Positive Valenz, niedriges Arousal: Zufriedenheit, Gelassenheit


  • Negative Valenz, hohes Arousal: Wut, Angst, Ekel


  • Negative Valenz, niedriges Arousal: Traurigkeit, Scham, Verzweiflung


Diese Modelle helfen dabei, die Intensität und den Aktivierungsgrad von Emotionen besser zu verstehen.


4. Emotionale Zustände und Stimmungen

Emotionen können auch nach ihrer Dauer und Intensität unterschieden werden:


  • Emotionale Zustände: Dies sind oft kurzlebige, intensive Gefühle, die direkt auf einen bestimmten Auslöser reagieren, wie Wut oder Freude.


  • Stimmungen: Diese sind länger anhaltende, weniger intensive emotionale Zustände, die nicht unbedingt einen spezifischen Auslöser haben, wie Melancholie oder Zufriedenheit.


Stimmungen beeinflussen häufig, wie wir Ereignisse interpretieren und auf Situationen reagieren, und können über Stunden oder Tage hinweg anhalten.


5. Kulturelle Unterschiede

Die Art und Weise, wie Gefühle erlebt und ausgedrückt werden, variiert stark je nach Kultur. Verschiedene Kulturen haben spezifische Worte für Gefühle, die in anderen Sprachen keine direkte Entsprechung haben. Diese kulturellen Unterschiede beeinflussen auch, welche Emotionen als angemessen gelten und wie sie in sozialen Interaktionen zum Ausdruck gebracht werden.


Ein bekanntes Beispiel ist das japanische Konzept "amae", das sich auf das Gefühl des Abhängigseins von der Liebe und Fürsorge anderer bezieht, etwas, das in westlichen Kulturen weniger spezifisch benannt wird. Ebenso gibt es in vielen Kulturen emotionale Zustände, die mit speziellen Begriffen beschrieben werden, die in anderen Sprachen schwer zu übersetzen sind.


6. Die Liste der Gefühle nach Carroll Izard

Carroll Izard, ein weiterer bedeutender Forscher auf dem Gebiet der Emotionen, schlug eine Liste von grundlegenden Emotionen vor, die sich etwas von denen Ekmans unterscheidet:


  • Interesse: Ein Gefühl der Neugier und des Engagements, das oft zu Lernen und Exploration führt.


  • Freude: Ein Zustand von Glück und Zufriedenheit.


  • Überraschung: Eine Reaktion auf etwas Unerwartetes.


  • Traurigkeit: Ein Gefühl des Verlusts oder der Enttäuschung.


  • Wut: Ein starkes Gefühl der Frustration oder des Ärgers.


  • Ekel: Eine Abwehrreaktion gegen etwas Abstoßendes.


  • Verachtung: Ein Gefühl des Überlegenheitsgefühls gegenüber jemandem oder etwas.


  • Scham: Ein tiefes Gefühl der Verlegenheit oder des Bedauerns.


  • Schuld: Ein Gefühl der Verantwortung oder Reue für ein Fehlverhalten.


  • Furcht: Ein Gefühl der Bedrohung oder Gefahr.


Diese Liste erweitert das Verständnis von Emotionen, indem sie auch Gefühle wie Interesse und Überraschung einbezieht, die nicht immer als emotionale Zustände betrachtet werden.


Zusammenfassung der Vielfalt der Gefühle

Zusammengefasst gibt es hunderte von Gefühlen, die Menschen auf verschiedene Weise erleben können. Diese Gefühle können in folgende Kategorien eingeteilt werden:


  • Grundemotionen: Universelle Emotionen wie Freude, Traurigkeit, Angst und Wut, die als Basis für alle anderen Emotionen dienen.


  • Sekundäre und tertiäre Emotionen: Komplexe Emotionen, die aus den Grundemotionen hervorgehen und spezifische Kontexte oder Nuancen ausdrücken.


  • Dimensionale Modelle: Emotionen werden anhand ihrer Valenz (positiv oder negativ) und ihres Arousals (hoch oder niedrig) klassifiziert.


  • Emotionale Zustände und Stimmungen: Unterschiede in der Dauer und Intensität von Gefühlen.


  • Kulturelle Unterschiede: Variationen in der Erfahrung und im Ausdruck von Gefühlen, je nach kulturellem Hintergrund.


Die Vielfalt und Tiefe der menschlichen Gefühle machen sie zu einem faszinierenden und wichtigen Forschungsgebiet, das uns hilft, besser zu verstehen, wie wir mit der Welt um uns herum interagieren und wie wir unser Leben erleben.

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